Brustkrebs
Sitzung Inge 25.01.2004 (begleitet von Rita)
Th: ... Stell dir vor, du stehst am oberen Absatz der Treppe, die dich nun Stufe
um Stufe hinabführt, immer tiefer und tiefer in deine Innenwelt hinunter.
Und du gehst sie Stufe um Stufe, tiefer und tiefer, bis du ihr unteres Ende
erreichst. Dann am Fuße der Treppe schaust du geradeaus, und du kannst
vor dir einen Gang wahrnehmen, von dem verschiedene Türen abgehen, zu Themen,
zu Bereichen aus deiner Innenwelt. Schau dich einmal hier um und sag mir dann,
was du jetzt wahrnehmen kannst.
Kl: ... Also, ich stehe noch oben, weil ich die Treppe nicht runter gehen wollte,
weil ich so das Gefühl habe so von geballter Energie, und ich hatte mir
schon vorher so gewünscht, irgendwie so von so einem 10-Meter-Brett so
mit einem Köpfer zu springen, so diese geballte Energie! Nicht dass ich
das könnte, aber das wollte ich, und jetzt denke ich, jetzt mache ich das
mit meiner Innenwelt. Allerdings, da muss ich mich noch mal sammeln. Also, ich
will jetzt nicht die Treppe runtergehen, sondern – atmet tief ein –
oh! Ich will das, ich mach das jetzt in der Innenwelt, da werde ich mir ja wohl
nichts brechen.
Th: Beschreib mal, was du wahrnimmst... Was passiert mit dir?
Kl: Also, im Moment nehme ich in meinem Körper ein gewisses Kribbeln wahr,
weil das ist alles dunkel. Also wenn ich das mache, ich weiß nicht, was
passiert. Aber ich finde das eine ganz – ich will das, ich will das tun.
Th: Ja... Atme mal mehr dazu.
Kl: – atmet ein und aus – Also, ich überlege, wie ich das im
Körper kriege. Ich muss nämlich irgendwie so die Energie dabei spüren!
– atmet nochmals tief ein und aus – Also, das wird leider nichts.
Ich kriege das nicht ins Gefühl. Das einzige, was ich zum Ersatz machen
könnte, wäre solche Bewegung ...
Th: Bist du auf der Treppe in dir drin oben?
Kl: Ich stehe immer noch da oben.
Th: Ja, aber siehst du dich von außen oder bist du in dir drin?
Kl: Ich bin in mir drin!
Th: Gut. Schaust du aus deinen Augen raus da? – Klientin bejaht –
Okay. Dann spür, wie du da stehst, aus deinen Augen raus schaust und atme
mehr.
Kl: – atmet ein und aus – Ich glaube, das ist größenwahnsinnig,
was ich da vorhatte, das...
Th: Wenn du das Gefühl hast zu springen, ist das prima. Dann mach es. –
Klientin atmet aus – Und lass dich ruhig auch überraschen, was passiert.
Kl: Ich weiß bloß nicht, wie ich das machen soll! Also... –
atmet aus – ... Ich, also, dann muss ich die Treppe, dann installieren
wir hier auch noch mal eine Treppe. Eigentlich dachte ich, das geht in die Richtung.
Aber dann, eigentlich wäre ja mein Wunsch gewesen, da wirklich so wie vom
Sprungbrett, aber das geht nicht, also jetzt mache ich mir hier hinten so eine
Treppe und lass mich da mal einfach so rückwärts die Rutsche runter
gleiten, denn das ist auch ein gutes Gefühl. – Ah ja, das mache ich
jetzt.
Th: Ja, spür mal, was passiert dabei.
Kl: Also, das finde ich gut. Das gefällt mir. So, aber ich springe auch
nicht. Ich rutsche da jetzt runter, so rückwärts. Das wollte ich schon
immer mal...
Th: Ja, was nimmst du wahr? Was geschieht?
Kl: Also, am stärksten nehme ich die Musik wahr. Das, jetzt bin ich, glaube
ich, doch in Afrika. Ich wollte nämlich eigentlich nach Afrika...
Th: Was nimmst du denn wahr?
Kl: Also, was ich wahrnehme, ist im Moment so ein Gefühl von Kraft und
Freiheit und, also, so als wenn ich irgendwo so meine Kraft lassen muss! –
lacht – ... Aber das ist eine positive Kraft. Da steckt zwar auch Aggression
drin, aber eigentlich so eine...
Th: Power?
Kl: Ja, Power, also so eine ganz, eine, die mir gut gefällt. Ich will niemand
angreifen oder was, ich will so, hah, so mein Lebensgefühl so in die Welt,
eindringen ins Leben, so! Ja, und jetzt kommt das – laut, lachend –
andere Gefühl, also, wenn ich schon keine Bilder sehe, also auf meinen
Körper kann ich mich verlassen! Weißt du, jetzt merke ich nämlich,
so, und dieser Teil, der hängt da ein bißchen schlapp hinterher,
also bis hierher. Da könnte ich so ein stolzer Indianer sein, oh! Und,
weißt du, dann so einen Speer in der Hand haben und der Speer, der dringt
so stellvertretend für mich in die Welt und genießt den Flug! Davon
bin ich so ganz erfüllt, so am liebsten – lacht – möchte
ich so in den Speer rein gehen, so selber der Speer sein!
Th: Ja. Mach es doch!
Kl: Ja, und was mache ich hier mit diesem schlappen Teil – lacht –
?
Th: Guck mal, was der Teil macht. – Klientin atmet kurz, stoßweise
– Ja, guck mal, was macht der?
Kl: Naja – lacht – wenn ich das hier so mache, dann wird der zumindest
ein bißchen – der will mit! Aua, aua.
Th: Was ist passiert?
Kl: Jetzt habe ich hier einen Krampf. Ich kriege ja immer überall...
Th: Okay. Frag mal den Krampf, warum er gerade jetzt kommt.
Kl: Was sollte das? – Ah, da sind wir schon beim Thema, guck! Also, mein
Körper! – laut – Was soll das? Ich will mich ja mit dir anfreunden,
aber du lässt...
Th: Was kommt hoch?
Kl: – laut – Ärger! Ärger kommt hoch!
Th: Auf wen bist du denn wütend?
Kl: Auf meinen Körper natürlich!
Th: Ah, sag es ihm, deutlich.
Kl: Ja! – Also, ich will mich mit dir anfreunden! Wirklich, ich will das!
Und ich bin dir auch dankbar, dass wir überhaupt noch am Leben sind, –
schlägt mit der Hand auf die Matte – aber musst du mir die kleinste
Freude verderben? Das war jetzt zwar nicht so schlimm hier, aber damit sind
wir ja schon gleich wieder bei dem Thema.
Th: Ja, was verdirbt er dir denn? Oder wie?
Kl: – weinerlich – Der kann mir jederzeit was verderben.
Th: Sag es ihm.
Kl: Warum machst du das denn immer?
Th: Was verdirbt er dir? Oder was hat er dir verdorben? Spür mal.
Kl: Ich glaube, im Moment kommt spontan hoch: Eigentlich hat er mir letztlich
gar nichts verdorben. Er hat sich ja auch immer wieder aufgerappelt. Aber er
macht mir immer so viel Angst.
Th: Sag es ihm.
Kl: Du machst mir immer so viel Angst. Und das ist immer gerade, guck mal, das
ist ganz genau das, was ich hier heute bearbeiten will. Guck mal, ich war so!
Also, ich hatte wie so einen Feuerball von Lebensfreude in mir! Ich freu mich
so, dass ich hier bin und hier diese Sitzung machen kann! Und am liebsten hätte
ich schon in der Entspannungsübung hier so einen kleinen Freudentanz aufgeführt...
Und jetzt will ich eben mal da in den Speer rein gehen, und dann kriege ich
einen Krampf! Ich bin beleidigt! Ja!
Th: Ja, dann frag ihn doch mal: Was will er dir denn zeigen damit?
Kl: Ich will jetzt erst mal beleidigt sein! – lacht – Ja, ich bin
richtig beleidigt!
Th: Sag es deinem Körper.
Kl: Ja! Das sage ich ihm. Du, also, alles lasse ich nicht mit mir machen! Ich
rede wie ein Kind, ich merke das auch.
Th: Spür mal: Wer macht das denn mit dir?
Kl: Dass ich wie ein Kind rede?
Th: Hmm, dass du beleidigt bist.
Kl: Dass ich beleidigt bin?
Th: Wer löst das aus? Dein Körper jetzt und wer früher? ... Wer
hat das Gefühl ausgelöst? Du willst was und ...
Kl: Spontan denke ich wieder: die ganze Welt! Alle.
Th: Lass sie mal da sein.
Kl: Die ganze Welt?
Th: Ja... Ja, erlaube es, dass es zittert.
Kl: Die sollen mich doch nicht hoffentlich alle beleidigen?
Th: Guck mal, wer alles da ist... Wer ist da? – Ruhige, etwas dunkle Musik
wird eingespielt –
Kl: Also, so richtig spontan kommt da gar keiner. Ich kann mich erinnern an
Menschen, die mich beleidigt haben. Aber im Moment so habe ich das Gefühl,
ähm, also, als wenn das ein Phantom ist.
Th: Okay, lass es mal vor dir sein, lass es mal deutlicher sein.
Kl: Das Phantom?
Th: Ja. Guck es mal an...
Kl: Es nimmt keine Gestalt an. Das einzige, was überhaupt so ahnungsmäßig
als Bild kommt, ist so Dunkelheit oder ein Dickicht, aber das hat keine Gestalt.
Th: Guck mal, was du machen möchtest, wenn du das so gestaltlos wahrnimmst.
Kl: Also, eben hatte ich so den Impuls, als wenn jetzt doch wieder so die Schmerzpfeile
in mir sind und als wenn die so rausschießen wollten. Es war aber ein
verhältnismäßig schwacher Impuls. Also, ich möchte das
nicht bekämpfen. Ich möchte das näher kennen lernen.
Th: Sag es ihm.
Kl: Du, Phantom du, kannst du nicht mal eine Gestalt annehmen? ...
Th: Ja, was kommt da?
Kl: Ja, das, ich empfinde das so ein bißchen als Botschaft: Jetzt war
da eben die Doris, die Freundin, von der ich gesprochen habe, so als wenn mir
das so sagen will: Ich nehme ja manchmal Gestalt an, so. Und jetzt nicht hier
in der Sitzung, sondern so in den Menschen.
Th: Das Phantom geht in die Menschen?
Kl: Ja, das geht in die Menschen, genau.
Th: Sprich mal mit ihm.
Kl: Ja, du, ich glaube, ich verstehe dich auch. Das war nämlich ganz toll
von dir, dass du da in die Doris rein gegangen bist. Aber es wäre also
noch viel toller, wenn du vielleicht mal irgendeine Gestalt annehmen könntest,
dass ich immer so mal, wenn ich wieder so eine Angst kriege, dass ich mit dir
kommunizieren könnte. Kannst du das nicht mal tun? ...
Th: Was macht er?
Kl: Ich sehe, da passiert nichts, gar nichts.
Th: Was möchtest du gerne machen?
Kl: ... Ich weiß es nicht. Am liebsten würde ich so ein bißchen
gemütlich weinen oder so, das wäre eine Möglichkeit, ein bißchen
gemütlich weinen.
Th: Atme mal mehr. – Klientin atmet – Wie geht es dir?
Kl: Ja, ich möchte an dem Thema bleiben mit dem, mit dem Körper, also
dass, dass ich mich da so bei diesem Gefühl so, so völlig ausgeliefert
zu sein dem Körper, ja, das möchte ich, ja... So wenn ich das so sage
„so völlig ausgeliefert sein“, dann kommt da richtig ein polares
Gefühl, so von totaler Hingabe... Ach, ja... Und jetzt, wo ich eben gesagt
habe „polare Hingabe“, da bin ich in Gedanken aufgesprungen und
in meinen Widerstand gegangen. Also, das liegt ganz nah beieinander so. Ich
kann mich auch nicht entscheiden. Eben das war ganz toll, so diese totale Hingabe.
Th: Was ist es denn jetzt? Was ist jetzt gerade da?
Kl: – atmet aus – Also, im Moment habe ich das Gefühl, ich
kann machen, was ich will, das ist alles in Ordnung.
Th: Dann mach was!
Kl: Aber wirklich!
Th: Nimm es in die Hand.
Kl: Aber ich muss doch noch so viel aufarbeiten, aber ich, ah... Weißt
du, wenn ich hier so in dieses Haus komme und so mit dir eine Sitzung mache,
auch so von den Cassetten... dann denke ich manchmal, dann habe ich so manchmal
das Gefühl, ich brauche überhaupt keine Sitzung mehr. Aber das stimmt
nicht, Rita, das stimmt nicht. Denn jetzt lasse mich mal irgendwo einen Knoten
fühlen, oder so meine Leber, die ganze Gegend ist ganz furchtbar empfindlich,
wenn ich komische Bewegungen mache, dann tut die weh oder die krampft, und ich
lasse das ja alles nicht untersuchen, äh, weil ich denke, egal, was ich
da für Befunde kriege, ich lasse mich sowieso nicht operieren, also soviel
steht mal fest. Und was soll ich mich damit noch beschweren? Und irgendwo habe
ich ja auch so das Gefühl, das kann überhaupt nicht angehen, dass
irgendwas Gravierendes in meinem Körper ist, weil ich so im realen Leben
also zunehmend wirklich immer besser zurecht komme.
Th: Ich habe einen Vorschlag zu machen. – Klientin bejaht – Lass
doch mal deinen inneren Heiler kommen. Das ist eine Instanz in dir, die über
dich und deinen Körper sehr gut Bescheid weiß und über die Vorgänge
in dir, Krankheit, Gesundheit.
Kl: Ja. Weißt du, wenn ich solchen Satz höre „lasst jemand
kommen“ oder was. Ich habe das eben so in meinem Körper gemerkt,
dann kommt, dann geht mein Körper schon in Widerstand – nicht, weil
ich das nicht will, aber weil ich ja leider schon vorher weiß, dass der
sowieso nicht kommt, da nimmt ja bei mir keiner Gestalt an!
Th: Probiere es doch mal aus. Wenn dann keiner kommt, kannst du immer noch sagen
„da ist keiner“.
Kl: Und wie soll ich das machen? Einfach rufen, oder wie?
Th: Ja, ruf ihn mal. Dann gucken wir mal, wer da kommt, einverstanden?
Kl: Einverstanden. Aber ich sage dir – leise – vorher, dass keiner
kommt.
Th: Ja, gut, wenn du das zementierst, wird keiner da sein.
Kl: Ja, das weiß ich. Aber ich musste...
Th: Du kannst es mal ausprobieren.
Kl: Ich musste das eben sagen. Guck mal, das geht so in den Körper, das
ist solche Angst. Ich will das ja so gerne, dass einer kommt! Und wenn dann
keiner kommt, dann bin ich so frustriert.
Th: Ruf ihn dir mal.
Kl: Also, innerer H... – nee, nicht so jaulig, das tue ich nun nicht.
– Innerer Heiler, innere Heilerin, bitte komm. Zeig dich mir oder gib
mir ein Zeichen. – Geräusch von näherkommenden Schritten wird
eingespielt – atmet tief – Also, ein richtiges Bild habe ich nicht,
aber immerhin eine Vorstellung: Das ist ein ganz großer Mann mit großen
schweren Stiefeln, oh, guck mal hier, was ich für Angst habe, und der...
Th: Sag es ihm
Kl: Oh, du machst mir eine Angst! Und du warst ja neulich im Traum schon da.
Oh, nee, du kannst doch kein Heiler sein!
Th: Frag ihn doch mal... Frag ihn mal: „Bist du ein Heiler?“
Kl: Also, ich könnte hier eher einen Panik-Anfall kriegen.
Th: Atmen!
Kl: – atmet heftig aus – Bist du mein Heiler?
Th: Und wie reagiert er?
Kl: Er ist etwas geschrumpft.
Th: Na, siehst du mal. Was macht er denn?
Kl: Ja, ich sehe ihn ja nicht richtig. Das ist alles immer so schwer.
Th: Sag es ihm.
Kl: Das ist so schwer, also, wenn du nun schon da bist, dann zeige dich doch
bitte richtig und mach doch mal ein Bild. So schwer kann das doch nicht sein!
– klopft auf die Matte –
Th: Ja. Drück es aus. Ja, bleib in Kontakt mit ihm dabei. Er steht vor
dir, der Riesenmann. Und wenn du willst, kannst du ihn ja jetzt mal fragen.
Wir haben einen Heiler gerufen, und gehen wir mal davon aus, dass er es ist.
Kl: Also, obgleich ich ihn nicht sehe, nicht, das war nur diese Vorstellung:
ein großer, schwerer Mann, der mich bedroht! Das kam so durch diese Schritte,
weil die so schwer waren! Also, das fühlte sich beinahe an, als wenn er
auf Stelzen kommt.
Th: Sag es ihm.
Kl: Ja, du, also erst mal sehe ich dich überhaupt nicht klar. Und das passt
mir nicht. Und zweitens habe ich mir einen Heiler anders vorgestellt.
Th: Wie reagiert er auf dich? Was macht er oder sagt er?
Kl: ... Oh! Er hat gesagt: „Ich bin dein Spiegelbild!“ – lacht
– „Ich bin dein Spiegelbild! So gehst du mit unserem Körper
um.“
Th: Verstehst du, was er meint?
Kl: Ja!
Th: Was denn? Übersetze mal.
Kl: Naja, ich will den auch immer mit Brachialgewalt gesund machen und –
lacht – nee, es ist so furchtbar! – laut – Oh, Rita, das ist
mir zu furchtbar!
Th: Sag es ihm.
Kl: Das ist so furchtbar! Das finde ich überhaupt nicht mehr witzig!
Th: Ja, sag es ihm.
Kl: – weinerlich: – Was machst du denn mit mir? Du machst mir ja
auch meine ganze Freude kaputt!
Th: Wem sagst du das jetzt?
Kl: Dem Heiler!
Th: Aha. Und wie macht er das?
Kl: Na, weil er mir so ein schreckliches Spiegelbild gemacht hat.
Th: Was will er dir denn zeigen?
Kl: Ja, das weiß ich, was er mir zeigen will. Aber ich glaube nicht, dass
mir das gefällt. Ziemlich Scheiße.
Th: Sag es dem Spiegelbild.
Kl: Und außerdem finde ich das Scheiße, dass ich das Wort „Spiegelbild“
gebraucht habe, weil ich mit meinem Spiegelbild meistens auch so umgehe. Also,
das gefällt mir alles gar nicht. Ich bin beleidigt! – weinerlich
und trotzig – Nee, ich will das nicht. Ihr seid alle doof hier! Ich will
das nicht, ich will das nicht! – wütend – Ich habe mich doch
schon gebessert!
Th: Guck mal, ob das genau auch die Stimmung ist. „Ich will das nicht!“
Ist das auch diese Brachialgewalt? – Klientin bejaht heftig – Ja.
Kl: – schreit: – Scheiße! Oh!
Th: Hier! Da! Du darfst dem Ausdruck verleihen. Komm!
Kl: Ich mache es lieber mit der Stimme. – mit veränderter, tiefer
Stimme – Und das, das will ich nicht mehr. Also, das entspricht auch nicht
mehr meinem Gefühl. Also, du, ich hau da nicht so auf meinen Heiler ein.
Th: – Dynamische Musik wird eingespielt. – Du musst nicht auf den
Heiler hauen. Du kannst auch auf den Spiegel hauen oder auf dich oder wie auch
immer.
Kl: Also, ich haue nur, wenn du mir was anbietest, worauf ich auch hauen will.
Th: Wie wäre es mit deiner Wut?
Kl: Nee! Die ist ja was Tolles.
Th: Und der Trotz? – Klientin verneint – Das Beleidigtsein? Das
Spiegelbild?
Kl: Nee! Ich hau doch nicht auf mein Spiegelbild! Ich werde das so lange üben,
bis ich das leiden mag. Da haue ich doch nicht jetzt drauf!
Th: Du kannst ja mal gucken, was dann passiert, wenn du es kaputt gehauen hast.
Kl: Du glaubst, dass das gut ist, wenn ich das mache?
Th: (...) (nicht verständlich)
Kl: – lacht – Ja, aber wenn ich das schon mache, – schlägt
mit dem Stock auf die Matte – dann muss ich das ja wirklich voller...
– schlägt weiter –
Th: Na, dann mal los! Komm, auf!
Kl: Ja, ja, ja, ich mach das ja, aber ich muss erst ein gutes Ziel haben, ein
gutes Objekt. Ja, wenn ich das schon mal mache, dann aber bitte wirklich was...
– schreit – Auf, jetzt hab ich euch endlich... – schlägt
mit dem Stock –
Th: Atmen! Atmen!
Kl: Ja, ja, ja! Ah, oh Gott, haaa! Ich weiß schon, worauf ich haue. –
schlägt weiter – Das ahnst du nicht! Das ahnst du nicht! Ja, jetzt
habe ich ein super Ziel, meine Dummheit – schlägt – meine Dummheit!
Meine Dummheit, wie kann man so dumm, so dumm, so dumm! Oh Gott, da kann ich
die ganze Nacht durchschlaaaagen!
Th: Ja, tu es!
Kl: Aber nur meine Dummheit. Oh, wie kann man so bescheuert sein! Oh, wie kann
man so dumm, so dumm, so dumm, ah! – hört auf zu schlagen –
Oh, oh, oh...
Th: Und, wie siehst sie jetzt aus?
Kl: Die Dummheit? – Therapeutin bejaht – Oh, oh. Die habe ich gar
nicht gesehen. Soll ich der noch mal eine Gestalt geben?
Th: Ja, schau mal hin. Schau sie dir jetzt an.
Kl: Am besten nehme ich so ein Klappergestell.
Th: Nimm sie dir, komm.
Kl: – schlägt weiter – Ah.
Th: Mach einen Ton dabei, komm.
Kl: – schlägt – ... Also, ich habe jetzt das Gefühl, das
reicht erst mal, weil ich nicht ganz sicher bin, ob ich die nicht doch –
also, die ist jetzt wesentlich geschrumpft.
Th: Sag es ihr.
Kl: Du bist wesentlich geschrumpft, aber ich bin mir nicht sicher, ob das gut
ist, dich ganz weg zu tun.
Th: Diese Dummheit?
Kl: Die Dummheit, ja.
Th: Was sagt die Dummheit denn dazu?
Kl: Die ist viel zu dumm, die versteht das gar nicht. – schlägt weiter
–
Th: Ist sie erledigt?
Kl: Nee. Und ich kriege die auch nicht erledigt.
Th: Die ist schlau!
Kl: Es fallen mir immer mehr Sachen ein, wo ich so unglaublich dumm war. –
schlägt weiter – Dass ich mir so geschadet habe, das ist ja das Schlimme
daran. Ah!
Th: Was fällt dir denn da ein? Was ist denn wichtig jetzt?
Kl: Oh ja. Oh mein Gott. Oh, ne. Oh, mir fällt was Furchtbares ein... Ich
glaube, du musst das mal abnehmen, das ist alles ganz... Du, ich, also im Moment
habe ich das Gefühl, das reicht erst mal... auf die Dummheit einzuschlagen,
aber die will mir vielleicht noch was sagen, die hat auch eine Botschaft.
Th: Frag sie direkt.
Kl: – atmet aus – Dummheit, du nimmst natürlich auch keine
Gestalt. Irgendwie seid ihr ja alle ganz schön, naja, der Heiler hat eigentlich
Gestalt... – flüstert: – So eine ganz Dürre steht da.
Th: Sprich sie an.
Kl: – flüstert – Du, ganz Dürre, ich mag dich nicht leiden...
aber irgendwas, irgendwas, ich habe das Gefühl, ich darf dich nicht totschlagen.
Th: Ja, sprich mit ihr.
Kl: Ist das wahr? – atmet tief ein und aus – Ah...
Th: Was passiert?
Kl: Die spricht ja nicht richtig zu mir, aber irgendwie ist doch so eine Botschaft
zu mir rüber gekommen oder so. Und das hat jetzt nämlich wirklich
was mit dem Vertrauen zu tun, also, so, die sagt: „Ich bin, ich bin da,
und jetzt so, um zu zeigen, ja, wie dumm das ist, dass du dich immer so schnell
verunsichern lässt, dass du dir nicht traust!“
Th: Guck mal, ob sie dir vielleicht eine Situation dazu zeigen kann, wo es deutlicher
und plastischer für dich wird.
Kl: Ich hatte ja schon eine Situation. Dann gehen wir da mal ran.
Th: Okay. – Klientin verändert die Position, legt sich wieder hin,
atmet tief aus. – Ja, was siehst du?
Kl: Oh ja! Also die Situation liegt, – Räuspern – ja, knapp
drei Jahre zurück, also ein halbes Jahr so ungefähr vor meiner Diagnose
„Brustkrebs“. Und meine Schwester ruft mich an, – Räuspern
– ziemlich außer sich, weil Annette, ihre Tochter, äh, weitgehend,
also, das ist ein langer Prozess, aber der schreitet immer weiter voran, also,
sich von ihr distanziert. Und jetzt hat sie das gerade an dem Tag in einem Telefongespräch
noch deutlicher getan. Also, meine Schwester hat Angst, dass ihre Tochter, also
sich völlig von ihr löst. – Räuspern – Die hat eine
Analyse angefangen und da passiert ja so was häufig. Und meine Schwester
verlangt von mir, weil sie – ihre Tochter ist mein Patenkind und wir haben
seit einiger Zeit wieder Kontakt, und Annette mochte mich immer gerne. Und Ilse
war immer eifersüchtig. Die war schon als Kind eifersüchtig auf mich,
und äh, wenn da Kontakt mit der Tochter besteht, da hat sie immer Angst,
dass ich ihr die Tochter ausspanne. So, und sie verlangt von mir, dass ich –
also, mir wird ganz flau – dass ich jetzt aus Solidarität den Kontakt
zu dem Mädchen abbreche, und droht mir, andernfalls aus dem Fenster zu
springen...
Th: Was passiert in dir, spür mal, wenn du das hörst?
Kl: ... Ja, mir wird flau. Ich habe beinahe das Gefühl, im Moment, wenn
ich das jetzt so erzähle, – Räuspern – so als wenn ich
dabei aus dem Fenster fallen kann.
Th: Sag ihr das.
Kl: Der Ilse?
Th: Deiner Schwester, ja.
Kl: Ilse, das – bitte sag so was nicht. Äh, ich...
Th: Sag, was das mit dir macht.
Kl: Äh, ich, wenn du mir mit so was drohst, dann habe ich das Gefühl,
also ich falle gleich aus dem Fenster. Mir wird richtig so ein bißchen
schwindelig. Aber Ilse... die hört überhaupt nicht zu, die redet...
Th: Sag es ihr.
Kl: Du hörst ja überhaupt nicht zu. Oh, Rita, ich mag nicht in diese
Situation wieder rein gehen, ich habe drei Stunden auf sie eingeredet und –
Räuspern –
Th: Hast du jemals in der Therapie die Situation gehabt?
Kl: Äh, nee. Also, ich geh da rein, aber ich weiß jetzt auch nicht,
was ich machen soll, weil das ist solche lange Geschichte.
Th: Fang einfach an. Geh rein. Du hast sie vor dir. Die erzählt dir gerade
was. Die droht damit.
Kl: – weinerlich – Soll ich die denn gleich verändern, die
Situation?
Th: Bleib drin. Du hast deine Schwester gerade vor dir. Geh nicht in die Veränderung.
Jetzt guck mal, was da ist. Da ist deine Schwester. Die droht dir gerade, aus
dem Fenster zu springen, wenn du nichts tust. – Klientin weint –
Ja, spür das mal, das ist ziemlich heftig, was sie da macht mit dir. Ja,
genau.
Kl: – laut – Und das ist so furchtbar, was du mit mir machst! Ich
sag es dir jetzt gleich! Ich will nicht, dass du aus dem Fenster springst, aber
ich kann den Kontakt mit Annette nicht abbrechen. Das ist gegen meine Überzeugung!
Was du da mit Annette hast, das hat mit unserer Beziehung überhaupt nichts
zu tun! Annette hat Vertrauen zu mir gefasst nach langer Zeit wieder, die hat
ja schließlich eine ganz schreckliche Geschichte. Und jetzt bin ich einer
der wenigen Menschen, zu denen sie Vertrauen hat. Ich kann das nicht verantworten!
Du verlangst was Unmögliches von mir! Und hack nicht so auf mir rum, ich
kann das nicht mehr haben! – hustet stark –
Th: Ja, sag es ihr deutlich, komm: „Hack nicht so auf mir rum!“
Kl: Wieso soll ich auf die einschlagen? Das, auf meine Schwester einschlagen,
das kann ich nicht.
Th: Weil du stinkwütend warst... Guck mal, was sie mit dir macht.
Kl: Ja, das ist ja das. Deshalb ist mir das ja eingefallen. Ich war so dumm!
Th: Atmen. – Klientin holt Luft – Ja, sorg mal für dich. Du
hast es damals nicht gemacht. Jetzt sorg für dich. Ja, bleib mal ein bißchen
hier oder rutsch mal zu mir rüber, dass du nicht in der Heizung gleich
landest.
Kl: Gut. Aber ich will das nicht mit Schlagen machen.
Th: Die Energie muss raus. Wenn du mir erzählst, dass das ein halbes Jahr
vor dem Brustkrebs passiert, läuten bei mir die Alarmglocken.
Kl: Ja, das weiß ich ja. Aber jedenfalls ist das im Moment nicht. Also,
ich muss ja jetzt auch ehrlich bleiben. Wenn ich schon bei Ilse nicht ehrlich
war, will ich jetzt wenigstens bei dir ehrlich bleiben. Im Moment bin ich noch
nicht so weit, denn das ist das Schlimme. Das war die Dummheit, dass ich nicht
ehrlich war bei Ilse! Aber dann müsste ich auf mich einschlagen und nicht
auf sie.
Th: Dann tu es.
Kl: Ah. Oh, wie konnte ich! – schlägt mit dem Stock auf die Matte
und schreit: – Wie konnte ich das mit mir machen lasseeeeen! Oh, wie konnte
ich! Wie konnte ich! Wie konnte ich! Und nein, nie, nie, nie, nie wieder im
Leben macht ihr so was mit mir! Und wenn ich euch alle totschlage, wehe, wehe,
wehe, es erpresst mich noch jemand! Wehe!
Th: Sag es ihr. Sag es ihr auch, komm, drück es aus!
Kl: Oh, oh, oh, – atmet heftig – Oh, die Wut ist noch lange nicht
raus! – schlägt weiter – Oh, ich bin auf dich so wütend,
so furchtbar wütend! Ich weiß überhaupt nicht, was ich machen
soll vor Wut! – schlägt und schreit – Oooh! Ja!
Th: Los, weiter!
Kl: Oh, aber ich muss es alles sagen! Ich kann nicht nur schlagen!
Th: Tu es!
Kl: – schlägt weiter – Dafür hasse ich mich! Dafür
hasse ich mich!
Th: Tu es und lass es raus damit, komm!
Kl: – schlägt – Dafür hasse ich mich! Und davon habe ich
auch den Krebs gekriegt!
Th: Ja, raus damit! Raus damit!
Kl: Oh, wie konnte ich! – schlägt – Wie konnte ich! Drei Tage.
Und dann habe ich drei Stunden mit ihr geredet und um ihr Vertrauen geworben!
Oh!
Th: Sag es ihr. Sag es ihr, komm.
Kl: Oh! Und du warst schon immer so unter all deiner christlichen Nächstenliebe
– schlägt – warst du so grausam, so grausam, so grausam! –
schlägt weiter –
Th: Ja, sag es ihr, komm!
Kl: Und deshalb hat deine Tochter, arme Tochter, die hat MS! Oh! Oh! Und, und,
und da sollte ich mich entziehen, bei dieser schrecklichen Krankheit! –
schlägt –
Th: Hau drauf, komm, hau drauf, endlich raus!
Kl: Oh, oh, oh! – schlägt weiter – Und ich hau jetzt mal auf
die ganze Welt los! – hört auf zu schlagen und atmet heftig –
Ich muss jetzt erst mal fühlen, ob das genug ist.
Th: Guck mal hin.
Kl: Also, eines steht fest: Nur mit Schlagen kriege ich das sowieso nicht aus
mir raus.
Th: Guck mal hin, was da ist jetzt.
Kl: Was soll ich gucken?
Th: Hinschauen. Deine Schwester ist vor dir.
Kl: Ich sehe die doch nicht. Ich sehe doch keine Bilder.
Th: Dann spür sie vor dir.
Kl: Ich kann sie nur spüren... Meine Schwester ist jetzt das dürre
Klappergestell, was ich da vorhin gesehen habe. – atmet heftig ein und
aus – Gib noch mal...
Th: Brauchst du den Stock?... Was möchtest du machen, wenn du sie als Klappergestell
siehst?
Kl: Ich möchte weinen, aber ich kann es nicht, weil ich das Ganze...
Th: Dann sag ihr das.
Kl: Also, ich möchte weinen weinen weinen, das Ganze ist so furchtbar traurig.
Und plötzlich hast du mein tiefstes Mitgefühl.
Th: Zeig ihr mal deinen Busen, was du eben wahrgenommen hast.
Kl: Das möchte ich ihr nicht antun.
Th: Zeig ihr mal deinen Busen.
Kl: Aber sie hat doch sowieso so viel Schuldgefühle.
Th: Zeig ihr deinen Busen. Wenn du da einen Zusammenhang siehst, zeig es ihr.
Konfrontiere sie damit.
Kl: Ilse, guck dir das an, das ist dabei rausgekommen. Können wir uns jetzt
nicht wieder vertragen?
Th: Guck mal, wie sie reagiert.
Kl: ... Sie wendet sich ab.
Th: Sag ihr, sie soll mal hinschauen.
Kl: Komm, sei nicht feige. Du bist doch nicht feige. Guck es dir an. Guck mal,
das ist dabei raus gekommen. Der Streit, der hat so viel Unheil über uns
beide gebracht. Ja, und das ist eine Fortsetzung unserer Kindheit. Da waren
wir so unglücklich und haben so viel Schmerzen erleiden müssen und
jetzt fügen wir uns die gegenseitig zu. Wobei ich denke, wenn du Vertrauen
zu mir gehabt hättest... – atmet aus – Also, ich wollte dir
keinen Schmerz zufügen... Und vielleicht wäre es mit Annette anders
gekommen. Jetzt ist es so: Ich habe zu Annette nach wie vor ein gutes, vertrauensvolles
Verhältnis, und du hörst nun gar nichts mehr von ihr. Die hat sich
von dir ganz getrennt. Ist das nicht genug Schmerz? Und irgendwie ist mein Gefühl,
ähm, also, wenn wir uns nicht vertragen, dann wird – das mag ja nun
verletzend klingen, aber – also mein Gefühl ist eigentlich, dass
wir uns wieder vertragen müssten, um ein Stückchen mehr Frieden so
in die Welt zu bringen. Und vielleicht würde das bis zu Annette vordringen...
– atmet aus – Deshalb habe ich dir zu Weihnachten auch geschrieben...
Bis jetzt hast du nicht geantwortet...
– ( Wechsel Cassettenseite ) –
Th: Spür mal, was du machen möchtest, wenn du sie jetzt vor dir siehst.
Kl: Ich würde sie am liebsten umarmen.
Th: Dann tu es. – Sanfte Musik wird eingespielt – ... – Klientin
weint – Ja, lass es da sein. Ja. Lass es endlich raus.
Kl: Es tut mir so leid. – weint – Es tut mir doch so leid. Es ist
auch so schrecklich, aber ich konnte nicht anders und ich bleib auch ehrlich,
ich glaube, dass ich mich richtig verhalten habe.
Th: Sag es ihr.
Kl: Ilse, ich glaube, es tut mir, du tust mir so leid, wirklich. Aber ich glaube,
dass es richtig war, dass das nicht – Wenn ich mich zurückgezogen
hätte, dann hätte Annette durchschaut warum, und das hätte sie
noch mehr verhärtet.
Th: Hol mal deine Schwester her und deine Nichte.
Kl: Ja, oh, oh!
Th: Stell die Zwei mal gegenüber.
Kl: Ja, Ilse steht da wie ein verschrecktes Kaninchen und ganz ganz sehnsüchtig.
Th: Kennst du die Sehnsucht? – Klientin bejaht – Spür sie mal
bei dir. – Klientin weint –
Kl: So, und jetzt kommt plötzlich so die Erinnerung an diese, an diese
Leichtigkeit. Da war das so, die Hoffnung, dass alles gut wird. – weint
– Ich kann gar nichts mehr machen. Es kann nur noch von selber gehen.
Oh, lieber Gott, mach, bring das alles in Ordnung! – weint – Das
ist so traurig. Ah, das ist so furchtbar traurig. Oh, oh! ... Ja, das ist zwar
traurig, aber irgendwie habe ich das Gefühl, das ist alles so ganz gut,
was hier im Moment passiert.
Th: Nimm doch mal Kontakt auf zu deinem Busen. Hol ihn mal dazu.
Kl: Den ab-ben?
Th: Ja. Zeig ihm mal, was gerade passiert.
Kl: – weint – Es tut mir so leid. Wir konnten uns nicht mal verabschieden,
weil das alles so ein Stress war im Krankenhaus, mein arme linke Brust, zarte
kleine. Das hast du nicht verdient. – weint – Was habe ich mit euch
gemacht? Oh, oh! Oh, was habe ich bloß gemacht! Was habe ich bloß
gemacht! Was habe ich mit mir machen lassen? Oh, lieber Gott!
Th: Welches Gefühl ist da?
Kl: Oh! Oh! Irgendwie habe ich das Gefühl von Beginn von Heilung und Genesung.
Ich bin so traurig, aber ich hader nicht mehr. – weint –
Th: Erlaub dir die Tränen. Sie sind ganz wichtig, lass sie...
Kl: Die kommen leider gar nicht, eigentlich kann ich... Eigentlich kann ich
gut weinen, aber ich glaube...
Th: Sag es deiner Brust. Sprich mit ihr.
Kl: Ja, meine Brust, also, die Tränen kommen gar nicht mehr. Ich habe ja
schon so sehr geweint... Und weißt du, da habe ich ja auch sogar ein richtig
gutes Erlebnis gehabt mal. – weinerlich – Das macht mich nun auch
schon wieder traurig...
Th: Lass es da sein.
Kl: Weil im Krankenhaus, ich wollte mich von dir verabschieden. Und nun haben
mir ja die Ärzte so einen Stress gemacht vor der Operation, dass ich das
nur so kurz getan habe. Und als ich dann dachte, erinnerst du das? Ich erzähl
dir das lieber noch mal. Als ich schon aus dem Krankenhaus war und erst mal
so getan habe, als wenn ich jetzt so mein normales Leben wieder aufnehmen kann,
weil mir so der Schreck in den Gliedern saß über alles. Und irgendwann
habe ich mit Bettina, mit meiner Tochter, telefoniert, und dann haben wir über
die Operation gesprochen, und da habe ich Bettina erzählt, dass ich mich
gar nicht richtig von dir verabschieden konnte. Und dann habe ich so furchtbar
geweint. Bettina hat das aber ausgehalten am Telefon und richtig mitgetan...
Ich weiß ja jetzt nicht, wo du jetzt bist, meine linke Brust, aber bitte
– du kannst ja vielleicht auch mal Gestalt annehmen. Tu das doch mal und
– weißt du, das ist eigentlich eine ganz schöne Idee: Wenn
ich dich schon opfern musste, dann nimm doch bitte eine Gestalt an und –
räuspert sich – und werde ein Schutzengel für Bettina, weil
ich in die so viele Ängste rein gepflanzt habe. Das macht die sofort!
Th: Was siehst du?
Kl: Als wenn hier jetzt wirklich so ein Engel weg schwebt. Das ist gelungen.
Das ist richtig gelungen. Ah! – Ich möchte noch mal mit der Dummheit
sprechen.
Th: Hol sie dir.
Kl: Ja, du, ich bedanke mich bei dir.
Th: Sag ihr, wofür. Zeig es ihr.
Kl: Weil du dich nicht hast erschlagen lassen, weil das hat mich ja jetzt hier
so auf diese Geschichte gebracht. Ich wollte die ja immer in der Therapie ansprechen,
aber irgendwie war das nie dran, wir kamen nicht oder wie auch immer. Und irgendwie,
das war eine gute Kommunikation zwischen uns beiden. Ich habe so auf dich eingehauen,
und du hast auch, du bist ja auch kleiner geworden. Aber du hast dich nicht
erschlagen lassen, und da komm ich ins Spiel: Darauf habe ich auch gehört.
Also, weißt du, so in dieser Gestalt lasse ich dich am Leben, weil manchmal
ist Dummheit ja auch ein Schutz! Ich finde das manchmal ganz gut, mich dumm
zu stellen, weil mir an sich die anderen zu dumm sind.
Th: Dann bist du ja eigentlich schlau!
Kl: Ja! Genau!
Th: Das hat nichts mit Dummheit zu tun.
Kl: Richtig. Aber die Dummheit hat ja natürlich immer – wie alles
– eine andere Seite. Klar! Dann stelle ich mich noch dümmer als die
Dummen, und dann habe ich nämlich meine Ruhe. So machen wir das.
Th: Wie reagiert denn die Dummheit?
Kl: – lacht – Ja, die ist im Moment so – nicht, dass ich ein
Bild hätte, aber in meiner Vorstellung – jetzt wird sie eine schöne
Tänzerin oder so!
Th: Gefällt sie dir?
Kl: Ja! Sie gefällt mir. Sie gefällt mir sehr gut! Also, ich glaube,
auf euch beide, da kann ich mich verlassen. Das gefällt mir gut... Oh!
Th: Ja? Was ist da?
Kl: Also, jetzt möchte ich noch eine Botschaft schicken... Wie machen wir
das denn mal? Ich würde doch gerne eine Botschaft an Ilse schicken.
Th: Hol sie her und sag es ihr... Teil ihr mit, was du möchtest.
Kl: Also, ich muss das so durch das Universum tun, glaube ich, weil die kommt
ja nicht. Die will ja keinen Kontakt mit mir.
Th: Fordere sie ein!
Kl: Wie soll ich das denn machen? Ich leg mich jetzt mal hin, das kann ja wieder...
Th: Hier, da! Da sagst du einfach mal: „Komm her!“ – schlägt
mit dem Stock auf den Boden – „Sei da! Schau mich an.“ Ganz
klar, geh für dich. Komm, hol dir die Ilse her.
Kl: Also meinst du, ich kann die mit Schlägen her holen?
Th: Ja, klar. Es geht darum, dass du einforderst. Sonst ist die ja mächtiger
als du.
Kl: Ach so.
Th: Hol sie dir.
Kl: – laut – Ja, wenn du das so sagst, dass ich ihr nicht so viel
Macht über mich geben soll, dann muss ich ja nun eigentlich nicht mehr
rumschlagen, dann stehst du jetzt hier! Ja?
Th: Na, guck mal.
Kl: Na also, warum nicht gleich so?
Th: Super! Okay, sag es ihr.
Kl: Ilse, was soll der Quatsch. Also, an sich, du bist doch gar nicht so mit
Dummheit geschlagen, wie ich das anscheinend war und hoffentlich nicht mehr
bin. Ich bin das nur noch ein bißchen. Also, du bist doch gar nicht dumm.
Glaubst du, dass durch unsere Feindschaft sich irgendwas zum Guten wendet? Vor
allen Dingen, wo ich dir wirklich reinen Herzens – ich gebrauche da mal
einen christlichen Begriff, damit du mich auch verstehst – reinen Herzens
sage: Ich möchte dir helfen. Du hast mein Mitgefühl... Äh, was
soll der Quatsch? Im übrigen, ich war deine einzige Vertraute, also, warum
verzichtest du auf mich?
Th: Wie reagiert sie?
Kl: Sie hört sich das widerstrebend an. Gut. Okay! – Du hast es dir
immerhin angehört. Und ich sage dir noch mal: Ich meine genau das, was
ich sage – ähm, erstens wünsche ich mir wieder Kontakt zu dir!
Du fehlst mir.
Th: Spür mal, was das Widerstreben mit dir macht... Was löst denn
das bei dir aus?
Kl: ... Das löst in mir aus... dass ich mich, obgleich ich das bei ihr
gar nicht leiden mag, dass ich das ja von mir auch kenne, mich widerstreben.
Ich widerstrebe mich, weil dann habe ich gleich wieder Stand.
Th: Spür mal, was von dir zu ihr noch Widerstand hat. Du möchtest
sie zwar in die Arme nehmen, aber da ist auch noch was anderes.
Kl: Dann kann es nur eines sein, dass da doch noch versteckte Wut ist, und jetzt,
wo du das so sagst, ist es das auch. Ach, Scheiße.
Th: Komm, Schlagstock.
Kl: Ach, Rita!
Th: Willst du die Wut weiter haben?
Kl: Nee!
Th: Oder willst du sie raus lassen?
Kl: Und bist du sicher, dass das der einzige Weg ist, die Wut aus mir raus zu
kriegen?
Th: Hast du einen besseren?
Kl: ... – lacht – Ich dachte, ich könnte das vielleicht mit
Liebe und Großzügigkeit – naja, das lass ich mal, ich wollte
sagen „übertünchen“. Das ist ja auch der richtige Ausdruck.
Aber weißt du, das...
Th: Lass mal alle da sein, deine Nichte, deine Brust, deine Schwester und auch
dich.
Kl: Und dann?
Th: Ja, und dann guck mal, was passiert. – dynamische Musik wird eingespielt
–
Kl: Also noch mal –
Th: Du –
Kl: Da steht Annette. – Na, die ist mir ja ähnlich, die guckt sich
das ganz interessiert an.
Th: Sag es ihr direkt.
Kl: Hallo, Annette! Ja, nicht nur du hast einen hohen Unterhaltungswert, ich
auch! Du bleib da schön in Sicherheit, so. – Meine Brust, die habe
ich aber doch zu Bettina geschickt als Engel.
Th: Die kannst du aber von der Energie her da sein lassen.
Kl: Darf die dann trotzdem ein Engel bleiben? – Therapeutin bejaht –
Gut. Du stehst da, du Zarte. – Da steht die widerstrebende Ilse und –
das waren doch vier, wer ist denn – ?
Th: Du!
Kl: Ich? – Therapeutin bejaht – ... Ja, aber Inge, also da steht
Inge.
Th: Geh mal in dich rein. Spür dich mal. Oder willst du dir die Szene von
außen angucken?
Kl: Nee, ich kann auch in mich rein gehen, weil ich bin sowieso schon in mir
drin und ich spür auch dieses Widerstreben. Also jetzt im Moment, oh Rita,
ob das alles Theater war da mit meinen Versöhnungsangeboten? Genau genommen
weiß ich gar nicht, ob ich mich mit ihr versöhnen will, die ist –
Th: Sag es ihr.
Kl: Oh Gott, oh Gott.
Th: Sag es ihr.
Kl: Ilse, also ich weiß gar nicht, ob ich mich mit dir versöhnen
will, weil weißt du, so durch unsere, durch diesen schweren Eklat zwischen
uns, da sind mir so viel versteckte Grausamkeiten eingefallen, die du mir immer
wieder angetan hast... und ich glaube, dass du also, also ein, ja, wenn ich
ehrlich bin, im Moment habe ich das Gefühl, dass du so einen unauslöschlichen
Hass gegen mich hast... oh Gott, ja, oh, oh. Also, das – als wenn du so
einen unauslöschlichen Hass gegen mich hast, dass ich mir wahrscheinlich
gar nichts Gutes tue, wenn wir uns versöhnen. Ich kann nicht glauben, dass
du durch dieses schreckliche Erlebnis mit Annette, dass du dich so gewandelt
hast und mir wirklich offen und so in wirklich in der Bereitschaft, so unsere
Beziehung... jetzt so neu zu gestalten. Also, wir müssten ja wirklich neu
anfangen, dafür war das Ganze ja wirklich für beide Seiten zu schmerzhaft.
Und aber das war doch echt, mein Angebot, also ich, so weit ich das bei mir
fühlen kann... oh nee, jetzt bin ich ganz verunsichert.
Th: Also, du siehst eine Schwester vor dir, die hasst. Das ist dein Bild.
Kl: Ja, ich –
Th: Geh mal davon aus, dass es dein Hass ist.
Kl: Nee, das halte ich nicht aus. – Naja, also gut, das will ich nicht
glauben!
Th: Es ist dein Bild.
Kl: Aha. Von mir oder wie?
Th: Das Bild, das du produzierst, es ist deine Energie.
Kl: Ja gut, es, ich, aber ich habe jetzt auch zu schnell zugestimmt. Also, wenn
das meine Energie ist, bei Ilse war mir das jetzt eben nicht so wichtig. Hass,
das ist viel zu, ähm, das ist zu oberflächlich gesagt, also, aber
ich lass das jetzt mal bei ihr, sonst kriege ich das durcheinander. Also, ich
glaube, dass sie so furchtbar verletzt ist, dass das für sie unüberwindlich
ist. Das glaube ich. Nicht, dass das so –
Th: Red mit ihr.
Kl: Ja. Ilse, also, vielleicht erkenne ich mich nicht richtig, aber was ich
im Moment erkennen kann – im Moment habe ich das Gefühl, ich bin
ehrlich, wenn ich sage: „Ich...“ – Ich wollte sagen: „Ich
kann dir alles verzeihen.“ Ich weiß es nicht. – Weißt
du was, wir müssen es, also ich mach dir ein anderes Angebot, weil ich
glaube, wenn das noch jemals was werden soll zwischen uns, dann kann das wirklich
nur auf ganz ehrlicher Basis geschehen. Und das ist auch das Einzige, was ich
mir vorwerfe, jetzt in dieser ganzen schrecklichen, in dieser schrecklichen
Streitgeschichte, nicht, dass ich den Kontakt zu Annette behalten habe, dahinter
stehe ich, das ist in Ordnung. Die hat zu der Zeit die Diagnose gekriegt „MS“
und äh, das war völlig unmöglich für mich, das Mädchen
damit alleine zu lassen. Wobei sie ja nicht – gut. Also, sie wollte ja
den Kontakt zu mir, den wollte ich ihr nicht entziehen. Aber dass ich dir eine
Zeit lang dann, weil du mich so erpresst hast, äh, gesagt habe, ich habe
ihn abgebrochen, und das nicht getan habe...
Th: Wie reagiert sie auf deine Ehrlichkeit?
Kl: ... Ja, sie reagiert so, wie sie auch in der Realität reagiert hat,
und hat gesagt: „Das wusste ich ja sowieso. Das habe ich gefühlt.“
– Gut, du hast es gefühlt. So, und jetzt kommt nämlich langsam
doch ein bißchen Wut in mir hoch. Wenn du es gefühlt hast, warum
warst du dann nicht ehrlich und hast mich darauf angesprochen? Dann hätte
ich es dir gestanden. Ich stand ja noch so unter der Erpressung. Und ich habe
es dir erst gesagt, als ich schon mal die Diagnose hatte, die sich dann –
Gott sei Dank - nicht bestätigt hat, als ein Arzt gesagt hat, dass ich
in der Mundschleimhaut wahrscheinlich ein Melanom habe. Da habe ich dich angerufen.
Da hatte ich plötzlich den Mut und habe gesagt – verdammt, –
schlägt ein paar mal mit dem Stock – jetzt haue ich vielleicht doch
noch mal, aber das weiß ich noch nicht. Da habe ich gesagt: „Ich
weiß gar nicht, wie lange ich noch lebe, und ich will jetzt Klarheit.“
Da habe ich es dir gestanden. Aber wenn du es vorher sowieso schon wusstest
– warum hast du mich in diesen Scheiß-Konflikt gebracht, –
schlägt – der mir dann eben diesen Krebs beschert hat? Das ist ja
immer weiter gegangen zwischen uns.
Th: Ja, drück es aus, komm. Raus damit.
Kl: Ah... Aber ich bin auch schon so kaputt. – schlägt – Und
mich drückt das auch so nieder! Mensch, ich will überhaupt nicht aus
solcher Familie stammen! – schlägt weiter –
Th: Ja, sag es ihr.
Kl: – schlägt weiter mit dem Stock und schreit: – Was haben
wir denn bloß miteinander gemacht? Und andererseits haben wir uns doch
auch geholfen und auch Vertrauen zueinander gehabt. Was war denn für eine
Scheiß-Beziehung? – schlägt immer weiter – Guck mal,
und jetzt verbiege ich mich hier auch noch in meiner Innenwelt und biete dir
hier angeblich reinen Herzens Versöhnung an. Ich will doch überhaupt
– ich weiß noch gar nicht, wie weit ich mich versöhnen will.
– hört auf zu schlagen – Das ist es. Ich will mich versöhnen.
Ich will das wirklich! Aber das heißt nicht, dass ich dir alles verziehen
habe. Oder – genau genommen, ist es so: Also, ich möchte dir alles
verzeihen, aber – nee, ich will das nicht so mickerig sagen. Ich möchte
dir alles verzeihen. Aber ich möchte auch sicher sein, dass du das umgekehrt
auch tust und dass das aufhört mit diesen versteckten Gemeinheiten und
dieser Eifersucht.
Th: Dann sag es ihr doch mal deutlich: „Hör auf damit!“ –
schlägt mit dem Stock auf den Boden – ... – Klientin atmet
aus – Komm! Fordere sie ein. Hau sie kaputt.
Kl: Ah.
Th: Ja! Ja!
Kl: Im Moment bin ich ganz kaputt. – schlägt weiter –
Th: Ja, komm!
Kl: Nee, aber weißt du, im Moment ist eigentlich bei mir nicht mehr so
Wut oder was, sondern eigentlich eher so – ah, so Verzweiflung, aber gar
nicht mehr so doll, also, irgendwie sitzt da schon irgendwas Positives dahinter.
Und ich weiß gar nicht, so, ich weiß gar nicht, ob das jetzt was
bringt, zu hauen. Ach. – schlägt vorsichtig ein paar mal –
Th: Ja! Ja! Ja!
Kl: Es ist schon gut, dass du das immer hinterfragst, weil ich dann merke, so
ganz reinen Herzens bin ich gar nicht. – schlägt weiter – Ja!
Ach, eigentlich macht mir das Spaß! – schlägt weiter und schreit:
– Also, reinen Herzens bin ich nicht, das kann die ganze Welt wissen!
Also, das ist eine neue – schlägt – neue Form von Dummheit!
– leiser: – Aua. Jetzt kommt meine Galle... oh, das wäre ja,
oh Mann, gut, Rita, das –
Th: Da sitzt die Wut drin, in der Galle, ne?
Kl: Bitte?
Th: Dir kommt die Galle hoch, ne? – dynamische Musik –
Kl: Ja, ja, ja. Aber du hast mich gerettet, das wäre ja – wenn du
mir das jetzt geglaubt hättest mit meinem reinen Herzen! Oh, mir ist das
so peinlich! – lacht – Oh Gott, oh Gott, was gebe ich hier von mir?
Reinen Herzens – davon bin ich weit entfernt! Außerdem will ich
das überhaupt nicht sein. Also, oder jedenfalls wenn, dann auf einem höheren
Niveau, auf dem ich mich noch nicht befinde. – laut: – Nee, nee,
nee, nee! Reinen Herzens will ich überhaupt nicht sein!
Th: Brauchst du den Schlagstock?
Kl: Nö! Weil das kommt nämlich irgendwie mehr aus meinem Körper,
wenn ich das so mache, oh! Und wenn hier nicht die Matratze läge, dann
würde ich jetzt auch noch springen! Also, ich kriege mehr Energie aus meinem
Körper!
Th: Ja, hole alles heraus.
Kl: – schreit: – Reinen Herzens! Oh, wie kann man so bescheuert
sein?
Th: Denk daran, was du mit deiner Schwester machen willst. Fordere es noch mal
ein!
Kl: Wo ist der Schlagstock? Ich will jetzt doch noch mal schlagen und das reine
Herz! Oh! – schlägt weiter – Ich bin so bescheuert.
Th: Dann nimm dir doch noch mal deine Schwester vor und sag ihr, sie soll das
gefälligst bleiben lassen mit diesem blöden Getue, was sie da macht
mit dir. Du willst ihre Ehrlichkeit!
Kl: – schlägt und schreit: – Ja, ich will deine Ehrlichkeit!
Th: Fordere sie ein, komm.
Kl: Aber eigentlich müsste ich das zu Inge sagen. – schreit –
Das würde mir völlig reichen, wenn ich erst mal selber ehrlich bin!
Th: Dann hau auf die Inge drauf.
Kl: – schlägt weiter mit dem Stock – Auf die dumme, dumme,
dumme, dumme, duuumme! Oh! Und dann auch noch dieses, die hat auch noch jeden
Befehl ausgeführt! Oh, wie kann man nur! Oh, ich kann hier überhaupt
nicht mehr raus – ich bin so bescheuert. So schäme ich mich.
Th: Dann hau es kaputt, komm.
Kl: Diese Heuchelei!
Th: Hau es kaputt, hau die Heuchelei kaputt.
Kl: – schlägt weiter – Oh! Es hat auch was Komisches! Oh! –
schlägt – Und ich reg mich ja immer so auf über Heuchler! Nun
bin ich selber eine, ooh! – atmet aus – Also, so ganz stimmt es
aber doch nicht. Nee, ich bin kein Heuchler. Nee, das merke ich jetzt. Glaubst
du mir das?
Th: Wenn du es kaputt haust, ist es weg.
Kl: Ja, gut, ich bin – ja, das muss ich jetzt mal klären. Nämlich
ganz so ist es nämlich nicht. Es war gar nicht, äh, nee, das –
also, ich merke das jetzt so. Du, dieses, irgendwo habe ich doch das mit dem
reinen Herzen. Ich sage das erst mal nur ganz leise. – atmet aus –
Th: Guck mal deine Schwester an und spür, was du empfindest zu ihr. Was
ist da?
Kl: Ja, komisch, nun habe ich da so viel rumgehauen. Aber das war, weil da noch
Aggression saß. Und eigentlich hätte ich das wissen können.
Die habe ich aber immer wieder weg gedrückt. – Also, es ist so, Ilse.
In dieser Sache mit Annette könnte ich mich reinen Herzens, ähm, mit
dir versöhnen, wenn du das möchtest... Nur, wenn wir das tun, ähm,
möchte ich, dass wir damit wirklich auf eine neue Basis kommen und das
klar ist zwischen uns, dass das, also du – ich bin 65, du bist 64. Und
ich finde, allmählich wird das albern, dass du immer noch so diese Eifersucht
auf mich verspürst.
Th: Dann sag ihr doch: „Lass es!“
Kl: Lass es doch sein.
Th: Ja, lass es.
Kl: Außerdem glaube ich, dass du letztlich gar keinen Grund dazu hast.
Du hast mich nur immer falsch gesehen. Glaub mir das doch endlich. Du hast immer
gedacht als Kind, ich bin überall der strahlende Mittelpunkt, aber das
sah doch nur so aus! Du hast doch selber mal gesagt: „Ich war diejenige
von uns Dreien, die am meisten Angst hatte.“ Und das stimmt sicher auch.
Guck mal, und ich bin die Einzige von uns Dreien, die nun ihre Angst in die
Tat umgesetzt hat und Krebs gekriegt hat. Glaub mir das doch einfach. Und ich
glaube, dadurch dass du so absolut bist und so klare Maßstäbe hast,
ähm, dass du das im Leben sogar irgendwie, ja, leichter hast als ich.
Th: Wie reagiert sie jetzt? Guck mal hin.
Kl: Ja, sie wird nachdenklich... Sie schämt sich jetzt auch. Sie reicht
mir die Hände... Weißt du, das...
Th: Spür mal ihre Hände. Spür sie mal... Ja, spür sie...
Kl: Ilse, wir sind doch Schwestern... Ja, jetzt umarme ich sie. Jetzt spüren
wir beide so unsere Trauer...
Th: Was passiert?
Kl: Ja, ich bin jetzt bei meiner Trauer angelangt. – Durcheinander, Tonstörung
– Das kommt davon, dass ich immer schlagen muss. Da schlage ich alles
kaputt. Ah! Ah!
Th: Was ist denn das für ein Muster? „Dann mache ich alles kaputt“?
Kl: Ja, nee, das meinte ich, weiß ich nicht, das meinte ich – glaube
ich – nicht so ernst, sollte eine Entschuldigung sein.
Th: Du brauchst dich nicht entschuldigen.
Kl: Nee, eigentlich nicht. Oh! ... Also, im Moment habe ich, bin im Moment ganz
bei mir und könnte ihr wirklich reinen Herzens – also, ich muss einen
anderen Ausdruck finden. „Reinen Herzens“ ist zu groß. Dann
kommt doch wieder so ein ... Also, ich könnte ihr aber ehrlich gegenüber
treten, also offen sein so für eine Versöhnung.
Th: Sag es ihr.
Kl: Ja, Ilse – also, Ilse, ich bin offen und guten Willens – das
ist besser als „reinen Herzens“ – guten Willens, ähm,
unsere Beziehung neu aufzubauen, die Verletzungen auf beiden Seiten hinter uns
zu lassen. Und ich bitte dich darum, in Zukunft, dass wir ehrlicher miteinander
umgehen. Also, ich werde das auf jeden Fall tun, also jedenfalls nehme ich es
mir vor, und ich bitte dich auch, nicht so versteckte Spitzen... und dann lass
uns einfach mal gucken, wie das geht. Und irgendwie glaube ich ja so daran,
dass alles, was wir tun, Folgen hat. Und von daher denke ich, dass das, also
die Chancen, dass Annette auch wieder den Weg zu dir findet, also erhöht
werden dadurch. Das sage ich jetzt nicht, weil ich mich so wichtig nehme, sondern
einfach, weil ich so an, ja, an Liebe und Versöhnung und Frieden glaube,
ja...
Th: Wie reagiert sie?
Kl: Ja, sie, also, sie nimmt das alles auf und wirkt auch in keiner Weise widerstrebend...
Also, die kann das jetzt auch so lassen, habe ich das Gefühl. Also, so
das, also, ich habe das Gefühl, sie stimmt stillschweigend zu, ohne jetzt
irgendwas zu versprechen. Aber das hat sie erreicht. Ja, das hat sie erreicht,
ja, das breitet sich jetzt so richtig in ihr aus. Ja, und deshalb war das vorhin
auch doch nicht heuchlerisch bei mir. Da war ich nur zu schnell und habe nicht
gemerkt, dass da noch Aggressionen saßen. Aber im Moment habe ich auch
wirklich keine.
Th: Du hast auch gut gearbeitet.
Kl: Ja. Ja, ich kann das jetzt glauben, dass das – ich kann das jetzt
glauben, dass das gut wird.
Th: Nimm mal deine Nichte, ihre Tochter, dazu... Zeig ihr das mal.
Kl: Naja, die hat sich das die ganze Zeit angeguckt, und die hat das auch erreicht.
Th: Wie reagiert sie?
Kl: Ja, ähnlich wie ihre Mutter. Die zwinkert mir so einmal zu, das heißt
so, ähm: „Du hast nicht zu viel versprochen.“ Das betrifft
so den Unterhaltungswert, der ist uns beiden ja sehr wichtig. Aber das ist nur
so an der Oberfläche. Ich habe so das Gefühl, als wenn sich in ihr
was geweitet hat. So weil sie das so aufgenommen hat, hat sich was geweitet
in ihr. Aber die hält das nicht für nötig, irgendwas nach außen
zu bringen. Also eigentlich sind wir da jetzt alle Drei gleich, also das hat
gewirkt. Da gibt es jetzt nichts mehr zu sagen.
Th: Schieb doch mal sie und ihre Mutter so ein bißchen zusammen. Guck
mal, was passiert zwischen den Beiden.
Kl: Ja, die lassen das geschehen. Die lassen es geschehen, aber die sitzen jetzt
so Seite an Seite und beide wissen nicht so recht... aber sie lassen auch das
geschehen. Also sie berühren sich richtig so an der Seite.
Th: Schieb sie doch mal frontal zueinander.
Kl: Ja, den Impuls hatte ich eben schon... also, als du das eben so gesagt hast,
so diese Vorstellung, die hat mich jetzt völlig von den Beiden weg gebracht.
Die kleben ja so zusammen, und da kam so die Erinnerung, als ich einmal vor
kurzem – da hatte ich auch eine, da hat mich irgend jemand anders verletzt.
Und dann habe ich versucht, so mit meinem inneren Kind zu reden, weil ich gedacht
habe – oh Gott, oh Gott, oh...
Th: Ja, was ist da?
Kl: Also, da ist nämlich was, irgendwie was ganz Erschreckendes passiert.
Also eigentlich wollte ich mit meinem inneren Kind reden und wollte das so vor
mich hin stellen, und dann habe ich gemerkt: das ging gar nicht. Wir waren so
wie siamesische Zwillinge, am Bauch zusammengewachsen. Und in dem Moment, wo
ich das gemerkt habe, war das, als wenn ich ausblute in dieses Kind! Also richtig
so was Erschreckendes... Oh!
Th: Was ist denn jetzt da?
Kl: – atmet tief – Ja, ich kann das so abschütteln, also das
ist – als ich das jetzt eben gesagt habe, ist kein Blutschwall gekommen.
Th: Ja. Was ist denn jetzt da?
Kl: ... Also, jetzt ist das Gefühl da, dass dieses Blut... dass dieses
Blut was... irgendwas Schreckliches bedeutet. Das hat mich also wahnsinnig erschreckt.
Und das ist ja jetzt so in diesem Zusammenhang gekommen und ich denke so, Ilse
und mich verbindet auch...
Th: Frag sie doch mal, ob sie dazu was weiß, und wenn, dann könntet
ihr ja mal gucken oder euch verabreden für eine andere Sitzung.
Kl: Ja... ja, ja. Oh ja, jetzt kommt der ganze Horror. Das müssen wir wirklich
in einer anderen Sitzung machen. Also, das Blut, das Blut, also was mir jetzt
als erstes eingefallen ist, das stand nämlich für irgendwelchen Horror,
und deshalb war auch der Horror da in dieser Unfall-Sitzung. Aber da war mein
Auge noch gar nicht blau. Aber, also was mir jetzt als erstes in den Sinn gekommen
ist, ist dieses gemeinsame, also beinahe, diese existentielle Bedrohung, als
– da waren wir aber schon so 13 oder 12 Jahre alt. Da kam meine Mutter
nach Hause, die hatte bei Herrn Prestin – den habe ich je in der Horror-Sitzung
hier bearbeitet –
Th: Ja, ich weiß.
Kl: Da kam die nach Hause und war grün und blau geschlagen im Gesicht...
Ja, verstehe ich auch mit einem mal, warum das so... also ich weiß jetzt
gar nicht mehr, wo der Horror – also das Blut, das steht für Horror.
Komisch, und Ilse... oh ja.
Th: Ja?
Kl: Ilse, die steht auch irgendwie für Horror, ja. Deshalb hatte ich auch
Angst, mich mit ihr zu versöhnen, weil irgendwie hat die so auch so eine
grausame Ader, genau wie meine Mutter.
Th: Macht dir Angst?
Kl: Ja, bei meiner Mutter nicht mehr. Die hat mir neulich so bei Renate in der
Sitzung sogar aus dem Himmel zugelächelt. Und zu meiner Mutter habe ich
auch jetzt inzwischen Vertrauen gefasst. Mit der habe ich mich ja schon auseinander
gesetzt und der alles gezeigt. Ich glaube nicht, dass die mir noch Angst macht.
Aber jetzt ist das bei Ilse! Das ist das... das ist das! Also, wir hätten
die beiden nicht so am Bauch zusammen... führen dürfen. Da –
nee, weil da ist jetzt doch noch wieder so...
Th: Ja, aber es zeigt dir den nächsten Schritt. Das ist doch prima. –
Klientin bejaht – Darum geht es.
Kl: Ja. Ja, das stimmt. Also der Schreck ist auch schon nicht mehr so groß.
Naja, nee, das war schon gut. Also das ist toll eigentlich!
Th: Verabrede dich doch mit deiner Schwester für die nächste Sitzung,
dass sie dir das dann zeigt.
Kl: Ja, und kann ich mich aber auch mit dem Blut und mit dem Horror verabreden?
Th: Ja, klar.
Kl: Gut. Oh, aber dann kann ich auch nicht mehr. Also – Blut, Horror und
Ilse, irgendwas haben wir noch miteinander zu klären. Aber irgendwie bin
ich ganz guten Mutes... Ilse stimmt zu... Der Horror leistet jedenfalls keinen
Widerstand – und das Blut fließt!
Th: Ist es in Ordnung?
Kl: Ja, das ist in Ordnung. Das Blut, das Blut, das im Moment fließt es
nicht bedrohlich. Das sagt mir sogar: „Du bist eben noch am Leben, meine
Liebe“, sagt es. „Das kriegen wir schon hin. Das kriegen wir schon
hin!“ sagt das Blut.
Th: Gut. Dann guck doch bitte noch mal zu deiner Brust und spür mal, wie
es sich da jetzt anfühlt.
Kl: Oh, das fühlt sich gut an, ganz durchblutet so.
Th: Will sie dir noch was mitteilen?
Kl: ... Die sagt, die hat mich lieb.
Th: Schön.
Kl: Die ist ganz lieb.
Th: Willst du ihr noch was mitteilen?
Kl: Ja. Ich sage: „Ich glaube, dass wir uns in irgendeiner – Weißt
du was, in irgendeiner Form nehme ich dich wieder – ja, weißt du
was, auch wenn ich das zugelassen habe, dass sie mich – dich mir weg genommen
haben, aber in meinem Bewusstsein – ja, das mache ich: In meinem Bewusstsein
nehme ich dich einfach wieder auf. Du gehörst zu mir...“ Ja, das...
die freut sich! ... Ja, jetzt bin ich, im Moment bin ich jetzt ganz wieder heil
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– ( Cassettenende ) –